Zum 150. Schinkelfest macht der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin das Areal um das 2003 teilabgebrannte Jagdschloß Glienicke zum Gegenstand. Der AIV greift damit in seinem 153. Wettbewerb wieder auf den Ausgangsgedanken seiner frühesten Konkurrenzen - Karl Friedrich Schinkel zu ehren - zurück, nimmt aber mit dem bewußten überspannen der Ländergrenzen von Berlin und Brandenburg auch ein politisches Ziel in den Focus.
Das Gebiet markiert einen Außchnitt der Berlin-Potsdamer Schlößer-Landschaft und ist als solches integraler Bestandteil des 1993 zum Weltkulturerbe erhobenen Schlößerensembles. Gekennzeichnet wird es durch die Fülle herausragender Baulichkeiten rund um das Schinkel-Schloß von Klein Glienicke mit seinen zahlreichen Nebengebäu-den und dem Jagdschloß Glienicke, der symbolträchtigen Glienicker Brücke bis zu den Kirchen von Nikolskoje und Sakrow und den Schlößern Babelsberg und Cecilienhof. Hier haben wir die romantische Antikenbegeisterung und die ausgeprägte Italiensehnsucht der Preußischen Könige vor Augen, aber auch ihre Referenz an den aufklärerischen holländischen Staat, indem sie ein ganzes Viertel mit holländischem Charakter errichten laßen. Klein Glienicke ist der Stein gewordene Traum vom Süden des Prinzen Carl. Schloß Sanssoucis, das Weinbergschloß Friedrichs des Großen, ist in vollendetem Rokoko erbaut, das Marmorpalais im spannungsvollen Frühklaßizismus. Die Pfaueninsel ist ein malerischer Blickfang ländlicher Atmosphäre. Nikolskoje und St. Peter und Paul erinnern mit ihrem rußischen Stil an die engen dynastischen Verpflechtungen im damaligen Europa. Schloß Babelsberg vermittelt englische Stimmungen durch seine malerische Tudorgotik in ausgedehnter Parklandschaft. Cecilienhof schmiegt sich in die Landschaft wie ein großes Landgut.
Schinkel und sein Kreis offenbaren hier ein Kosmopolititentum, das schon auf Europa und darüber hinaus weist. Das Maschinenhaus in Potsdam, "Moschee" genannt, verbirgt Technikgeschichte in orientalischem Gewand von 1001 Nacht. Chinesisches Teehaus und Drachenturm repräsentieren die Chinamode der damaligen Zeit ...
Eingebettet liegt dieses ausgedehnte Areal in einer höchst reizvollen Havellandschaft, die einzelenen Gebäudekomplexe werden erst durch größtenteils auf Peter Joseph Lenné zurückgehende Parkschöpfungen richtig miteinander in Beziehung gesetzt.
Dieses Erbe Preußens, Schinkels und Lennés ist für jeden Besucher erlebbar, uns macht es stolz. Doch im Schatten der Schlößer und Gärten gibt es Handlungsbedarf: tausende Besucher täglich wollen gelenkt sein und hinterlaßen ihre Spuren. Kultur hat man eben nicht nur einfach, sie ist eine ständige Anforderung an uns. Wie also entwickeln wir diese "Talente"? In der Bibel erhalten drei Diener von ihrem Herrn Talente, also Vermögen. Einer vergräbt sie, um sie so für den Herrn zu bewahren. Die beiden Anderen arbeiten mit den Talenten und vermehren sie. Nur das erkennt der Herr am Ende als ordnungsgemäßen Umgang mit dem Erbe an.